Hintergrund
05.06.2004

... zum  Honorarrahmen

Auszug aus dem WDR-Dschungelbuch - zur Geschichte und Einschätzung des WDR-Honorarrahmens.

Die zweite - völlig revidierte - Auflage des WDR-Dschungelbuchs erscheint Ende März 2012.

Begleitwebsite mit Leseproben, Materialien, Inhaltsverzeichnis und Bestellmöglichkeit:
www.wdr-dschungelbuch.de

vom internen WDR-Papier...
Zwei Zahlen stehen hinter jeder Postion des WDR-Honorarrahmens: Ein Mindestsatz und ein Höchstbetrag, den Freie für ihre Leistungen bekommen sollen. Den Honorarrahmen gibt es spätestens seit den 60er Jahren. Damals war der Honorarrahmen eine vom Sender allein erlassene Anweisung an die Redakteure. Für den Sender war immer schon vor allem die rechte Spalte wichtig, die mit den Höchstsätzen.
In der "Dienstanweisung" des WDR-Intendanten Bismarck "zum Gebrauch des Honorarrahmens" vom 30.9.1970 hieß es: "Eine Unterschreitung der Minimalsätze ist jederzeit zulässig. Die im Honorarrahmen vorgesehenen Höchstsätze dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden. Die Ãœberschreitung des Höchstsatzes ist schriftlich zu begründen."

... zum Tarifvertrag
Das ist vorbei. Weil der Honorarrahmen ein Tarifvertrag geworden ist, sind die Mindestsätze heute verbindlich. 1981 schloss die (später der IG Medien beigetretene) Rundfunk-Fernseh-Film Union RFFU mit dem WDR den "Tarifvertrag über Mindestvergütungen" ab. Mit dem Tarifvertrag wurde der bestehende Honorarrahmen zunächst weitgehend übernommen. Die Mindestsätze dürfen nun nicht mehr unterschritten werden. Die Spalte des Honorarrahmens mit den Höchsthonoraren wird dagegen weiterhin einseitig vom WDR ausgefüllt. Vergütungen über die Maximalbeträge hinaus dürfen die WDR-Abteilungen nur mit Zustimmung der Chefs bezahlen, lautet die WDR-interne Regel.

Mängel des Honorarrahmens
Leider stammen heute noch viele Positionen des Honorarrahmens aus den 60er Jahren, als ein völlig anderes Fernseh- und Hörfunk Programm gemacht wurde. Die erste Magazinsendung des deutschen Radios - das WDR-Morgenmagazin - war gerade erst erfunden. Es dominierten längere Wortbeiträge, Musiksendungen, Hörspiele und Features. Außer dem werktäglichen "Hier und Heute" gab es im Fernsehen keine Magazinsendungen - also empfand man es 1970 nicht als großen Mangel, dass im Honorarrahmen nur eine einzige grob gefasste Position für tagesaktuelle TV- Berichte stand. Die meisten anderen Berichte waren "Magazinbeiträge". Auch für das "Bearbeiten von Filmberichten" gab es nur eine einzige Zeile, für alle Berichte "bis 60 Minuten".

Viele Honorarziffern wurden bis heute nicht reformiert und den neuen Programmstrukturen angepasst. Dadurch konnte der Tarifvertrag jahrzehntelang in vielen Bereichen nur einen geringen sozialen Schutz entfalten - er liegt häufig zu weit neben der Arbeitsrealität.

Die ganze Palette unterschiedlicher Berichte in den Regionalmagazinen wurde bis in die 90er Jahre hinein weitestgehend nach einer einzigen Honorarposition bezahlt, als tagesaktueller Bericht. Der Mindestsatz lag mit etwa 400 Mark weit unter den effektiv gezahlten Sätzen. Sparkommissaren, die mit gleichen Etat mehr Sendeminuten füllen wollen, bietet solch ein Honorarrahmen gefährlich viel Spielraum zu Kürzungen.

Den Redaktionen andererseits boten die Spalten und Zeilen des Honorarrahmens nur wenig Hilfe beim Ausfüllen der "Honorarvorschläge". Viele bastelten sich deshalb eigene Honorierungsrichtlinien. Als die Formulare noch mit der Schreibmaschine ausgefüllt wurden, fanden sich darauf Ziffern wie "6.52 analog", denn so direkt war die bezahlte Leistung nicht im Honorarrahmen zu finden.

Manche Redakteure im WDR halten die Höchstsätze des Honorarrahmens für zu gering. Aufwendig recherchierte Reportagen und Dokumentationen sind zu diesen Sätzen nicht zu leisten. Qualifizierte und geschätzte Freie weigern sich, selbst zu den Höchsttarifen zu arbeiten. Sie wandern zum Teil zu Privatsendern ab. Sie kommen beim WDR nur auf Umwegen zu einer angemessenen Bezahlung - mit einem Extra-Vertrag für "fachliche Beratung" oder ähnlichen Kunstgriffen.

Permanente Verhandlungen
In den 90er Jahren begann die IG Medien in ihren Tarifverhandlungen damit, den Vergütungstarifvertrag aktiv den gewandelten Realitäten anzupassen. Die Tarifkommission verhandelte eine neue Honorarstruktur für die Fernseh-Regionalprogramme und für Hörfunkautoren. Dabei bemühen sich die Verhandler, möglichst klar zu definieren, wann ein höheres Honorar bezahlt werden muss. Denn Arbeiten für den WDR muss attraktiv bleiben, sowohl im Interesse des Senders als auch der Freien.

Die Tarifverhandlungskommission ist auf engen Kontakt mit den Freien angewiesen, die von den Tarifabschlüssen betroffen sind, damit nicht aus Informationsmangel schlechte Abschlüsse unterschrieben werden. Es sollten aber mehr Betroffene bei den Verhandlungen oder den Vorbereitungen dazu mitmachen.

 


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